Wir sind keine Freizeitveranstaltung. Dennoch müssen wir gemäß der Coronaverordnung vom
28.10. leider unsere große 35. Jahresausstellung ausfallen lassen.


Wir von der Kulturwerkstatt leben seit jeher einen weiten Kunst-und Kulturbegriff und verstehen
uns damit als Teil einer gelebten Sozialutopie.
Unsere große Jahresausstellung ist dementsprechend nicht nur ein Ort, wo viele Bilder, Skulpturen
und Installationen von über 30 Kunstschaffenden hängen und stehen. Es ist ein Ort, wo
Kommunikation stattfindet, wo Menschen verschiedenster Art zusammenkommen und leben und
reden, wo emanzipatorisch Werke gezeigt werden, die sonst im konventionellen Kunstbetrieb keine
Chance hätten, gesehen zu werden. Unterschiede von Klasse, sozialer und regionaler Herkunft,
Geschlecht, Ethnie und Bildung werden bei uns aufgelöst und überwunden, in der Kunst und durch
die Kunst.
Viele der bei uns aktiven Kunst- und Kulturschaffenden finden hier den zentralen Ort nicht nur des
künstlerischen, sondern auch des politischen und ideologischen Schaffens.
Dementsprechend schwer wiegt die politische Entscheidung dieses Jahr, Veranstaltungen wie die
unsere im November zu untersagen. Dagegen wehren wir uns entschieden. Wir sind keine
Freizeitveranstaltung. Während die Bügerinnen und Bürger dieses Landes Frisörbetriebe und
Baumärkte besuchen dürfen, während sie fröhlich Konsumgueter jedweder Art in Läden kaufen
können, wird ihnen der Zugang zu Ausstellungen wie der unseren verwehrt. Es geht uns nicht
darum, Wirtschaftszweige gegeneinander auszuspielen und Unternehmer*innen leiden zu sehen. Wir glauben aber auch, dass Museen, Ausstellungsräume und Gastronomiebetriebe nicht die Hauptinfektionsherde sind und praktikable Hygienekonzepte in den letzten Monaten entwickelt haben. Daher halten wir die politische Entscheidung für unverhältnismäßig, auch wenn wir die Notwendigkeit zu Maßnahmen, welche geeignet sind, die Pandemie einzudämmen, ganz klar sehen. Wir verstehen Veranstaltung wie unsere Jahresausstellung nicht als „Freizeit“-sondern als Bildung- als positiven Beitrag zu einer Transformation gesellschaftlicher Verhältnisse. Mit der Entscheidung eines Verbotes fuer Kulturveranstaltungen wie der unseren wird nicht nur den Künstlerinnen und Künstlern eine Einkommensquelle genommen- es wird der Gesellschaft ein entscheidender Begegnungsort genommen, der gerade in Krisen wie der jetzigen besondere Bedeutung zukommt. Gelebte Solidarität wie sie ein offener,freier Zugang zu Kunst und Kultur ermöglicht und fördert, ist gerade in Zeiten, in denen die Menschen zu Distanz gezwungen werden, von besonderer Bedeutung. Lebensinhalte und Lebenswelten brechen durch das quasi-Berufsverbot zusammen. Für den Erhalt von solchen Orten, für den Erhalt von Freiheit, Kunst und gelebter Solidarität, für den Erhalt künstlerischer,kreativer Lebenswelten- dafür kämpfen wir, dafür setzen wir uns ein, und appellieren an die Entscheidungsträger*innen, ihr
Verbot von Kulturveranstaltungen zu überdenken und auch in der Zukunft Kunst und Kultur zu
würdigen und zu fördern anstatt zu behindern sowie notwendige coronabedingte Einschränkungen
differenzierter zu betrachten.
Denn wir sind relevant.


Gezeichnet: der Vorstand der Kulturwerkstatt Trier